Wann ist Mode nett zu uns? Sind Schmeichelgrößen die Lösung?
Lange musste man sich nach der Mode richten: Rein hungern, bzw. schlank sein, um mithalten zu können und nicht ausgegrenzt zu werden. Vor allem jüngere Frauen tappen oft in diese Falle.
Mode und unsere Körper sind zwei Dinge, die untrennbar miteinander verknüpft sind und auch sehr oft toxisch wirken können.
Dabei stellt sich gerade in meinen Stil- und Typpberatungen immer wieder heraus: Die Mode hat einen so hohen Variantenbereich, alles ist möglich und jeder Stil/Vorliebe hat seine Berechtigung.
Stilvarianz - jeder Stil oder Vorliebe hat seine Berechtigung
- Es sind Mini- und Maxiröcke gleichzeitig modern.
- Transparente Stoffe werden parallel mit oversized und verhüllender Mode angeboten.
So ist es kein Wunder, dass bei vielen Verunsicherung herrscht! Was trage ich und wie trage ich es?
Die Pandemie ging mit Themen, wie Selbstliebe, Akzeptanz und Body positivity einher.
Damit verbunden war auch eine gewisse Stilvarianz. Zum einen war es der Wunsch nach Komfort mit lockeren und bequemen Styles, zum anderen war mit dem Ende der Pandemie wieder chic machen angesagt. Aber nun sind wieder Cropped Tops und Low Waist Hosen in den Shops ausgestellt. Kommt nun mit dieser Mode der Nuller Jahre nicht wieder ein fragwürdiges Körperbild zurück?
Wir haben durch die Body Diversity-Entwicklung gelernt, was die Repräsentation der unterschiedlichen Körperformen angeht. Size Zero ist nämlich nicht (mehr) erstrebenswert.
Demzufolge erscheint nun ein bekanntes Phänomen: Die Rückkehr der Schmeichelgrößen
Wie ich im Blogpost „Die richtige Konfektionsgröße in der Herrengarderobe finden“ bereits beschrieben habe, ist auf die offiziellen Größentabellen der Kleidungshersteller nicht unbedingt Verlass.
Weit verbreitet ist die Strategie verschiedenster Modelabels, die Ware bewusst mit einer falschen Konfektionsgröße zu versehen.
Diese Strategie nennt sich „Schmeichelgrößen“. Hierbei fällt die Kleidung in Wirklichkeit ein oder zwei Konfektionsgrößen größer aus, als wie auf dem Etikett angegeben. Das schmeichelt der Eitelkeit der Kundinnen und Kunden. Welche Frau reagiert nicht hocherfreut, wenn eine geschummelte 38 wie angegossen passt, wo sie doch sonst zu einer 40 oder 42 greifen muss?!
Welche Größe stimmt denn nun?
Alles in Deutschland unterliegt eine DIN-Norm. Die Eckdaten für Konfektionsgrößen sind festgelegt. Dennoch legen einige Marken „ihre“ Größen für die Kollektion eher großzügig aus. Manche Marken sind dafür sogar hinlänglich bekannt. Es ist ein Spiel mit der Eitelkeit der Kundschaft..
Der vordergründigste Aspekt – und Gefahr für die wahre Konfektionsgröße – liegt im Problem Nummer 1: Dem Wohlstandsspeck.
Die letzte Vermessung der deutschen „Otto-Normalverbraucher-Kunden“ fand 2007/2008 statt.
Hierbei ergaben sich deutliche Abweichungen in den Körpermaßen zu früheren Auswertungen, die ca. 1980 stattgefunden hatten.
So ist die deutsche Durchschnittsfrau seit dieser Zeit zwar 1 cm in der Länge gewachsen, hat aber auch deutlich an der Hüfte, Brust und Taille zugelegt. (Plus 1,8/2,3/4,1 cm).
Auch der deutsche Durchschnittsmann zeigte die gleiche Tendenz: An Körperlänge gab es ein durchschnittliches Plus von 2,3 cm. Auch hier zeigten sich bei Brust, Taille und Hüfte mehr Körpermasse (plus 7,3/4,4/ 3.6 cm).
Die Modeindustrie schafft neue Normalgrößen
Wie so oft im Leben, liegt das Hauptproblem zwischen den Ohren und hinter den Augen: Der Verstand weigert sich hartnäckig, die Größe der Kleidung dem Gewicht auf der Waage anzupassen.
So haben die Kleidungshersteller ihre Kollektion an die neuen Maße angepasst und Hosen wurden beispielsweise länger und breiter, die Konfektionsgröße blieb jedoch bestehen. So wurde ein „breiter“ zur neuen Normalgröße.
Die Ausmessung der Deutschen ist eh nur in Deutschland aussagekräftig.
Die durchschnittliche Italienerin ist 162 Zentimeter groß, in China und Brasilien sind es nur 158 cm, in Indien oder den Philippinen nur noch 153 cm. Hier in Deutschland zählt dies zu den Kindergrößen. Die deutschen Frauen zählen mit 171 cm zu den größten der Welt.
Fast-fashion grenzt kurvige und ältere Kundinnen bewusst aus
Wer seinen Körper, seine Proportionen und Figurtypen kennt, der kann bei dem Spiel um die Schmeichelgrößen gelassen bleiben. Eine Size Zero ist schon längst nicht mehr erstrebenswert.
Greifen wir also beherzt nach Kleidung, die unsere Ausstrahlung positiv unterstreicht und lassen die (gefakten) Konfektionsgrößen außen vor. Wenn sie einen wirklich stören, kann man das Etikett ja noch immer rausschneiden, oder?
Weißt Du, welche Größen und Schnitte ideal zu Dir passen?
Modehersteller, die bei der jüngeren Generation beliebt sind und zumeist auch dem Fast-fashion-Genre angehören, produzieren nur enge und schlank geschnittene Kleidung. Dieser Aspekt allein reicht schon, um die ältere Generation vom Kauf auszuschließen. Denn kurvige Frauen passen nicht in das hippe Marketing-Schema. Weit geschnittene Kleidung wird, wenn überhaupt, nur in geringen Stückzahlen hergestellt und ausgeliefert.
Die Verteilung nach Größen richtet sich nicht nach den Wünschen der Geschäfte und erst recht nicht nach den realen Maßen der Bevölkerung, sondern nach der Wunschkundschaft der Marken-Strategen. Dahinter steckt nicht nur allein die Bosheit der Manager, sondern die Gemeinheit der Menschen. Für die Schlanken und Schönen wird ein Label begehrenswerter, wenn nur ihresgleichen sich damit zeigen kann. Die Instagram-Community lässt grüßen.
So spielt die Modeindustrie mit der Eitelkeit und dem Geldbeutel der Kundinnen und Kunden.